Corona – die Krone

Corona – die Krone

Corona – die Krone

Im Folgenden möchte ich mit Euch gerne meine Gedanken und Empfindungen zur Corona-Krise teilen. Ich tue das als Mensch, als spirituelle Lehrerin und als Frau, die über 30 Jahre als Ärztin gearbeitet hat.Als spirituelle Lehrerin erinnere ich euch an die zwei Dimensionen der Wirklichkeit: Die historische Dimension und die letztendliche Dimension. Beide sind real, sie sind zutiefst miteinander verbunden und verwebt, und doch folgen sie unterschiedlichen Naturgesetzen. Thich Nhat Hanh sagt: „Berührst du tief die historische Dimension, so findest du dich wieder in der letztendlichen Dimension. Berührst du die letztendliche Dimension, so hast du die historische Dimension nicht verlassen.“


Die letztendliche Dimension
Sie ist unendlich, unveränderlich und kristallen klar. Sie ist freudig. Sie ist immer JETZT HIER. Sie ist sicher und zuverlässig. Sie ist unser Wesen und unsere Heimat.
Und es liegt in ihrer Natur sich ständig und in jedem Augenblick in einem großen Spiel und Tanz der Existenz und der Energie zu manifestieren als Wesen, Formen, Gedanken, Gefühlen und Handlungen. Genauso liegt es in ihrer Natur all diese Manifestationen wieder vergehen zu lassen. Dieser Tanz, dieses Entstehen und Vergehen umfasst alles vom entferntesten Stern über menschliche Wesen bis hin zu Viren.
Damit sind wir bei der Historischen Dimension
Völlig ungetrennt von der Unendlichkeit geschieht alles in der historischen Dimension. In dieser Dimension der Wirklichkeit gibt es Zeit, gibt es Veränderungen, gibt es Krisen, gibt es Geburt, gibt es Sterben. Wir als bewusste menschliche Wesen haben darin besondere Aufgaben und besondere Gaben. Unsere größten Gaben sind Bewusstheit und Empathie. Unsere Aufgabe ist die historische Dimension tief zu berühren um uns in der letztendlichen Dimension wiederzufinden. Und dann festzustellen, dass wir auch dadurch die Herausforderungen der historischen Dimension nicht verlassen! Um vielleicht kleine Hilfestellungen geben zu können mit diesen menschlichen Herausforderungen umzugehen betrachte ich jetzt die drei wesentlichen Ebenen menschlichen Seins: Körper, Ausdruck und Geist. Im Buddhismus nennt man es Körper, Rede und Geist. Diese drei Ebenen sind auch nicht voneinander zu trennen – immer hat das Eine Einfluss auf das andere, immer sind alle drei Ebenen für das Leben unabdingbar.
Der Körper
Er steht im Mittelpunkt unserer momentanen gesellschaftlichen Erwägungen und Entscheidungen. Das betrifft sowohl den gesundheitlichen als auch den ökonomischen Aspekt. Und das hat seine Berechtigung, denn der Körper ist die Voraussetzung für unseren Ausdruck und auch für unser geistiges Wachstum. Gleichzeitig bietet uns diese Pandemie auch die Chance uns unserer Sterblichkeit bewusst zu werden und uns mit ihr auszusöhnen. Wir müssen für einander sorgen, indem wir das Ansteckungsrisiko minimieren, sollten aber zu gleich nicht in eine Angststarre geraten, die aus einer tiefen kollektiven Angst vor einer Krankheit beruht, die töten kann und gegen die es bisher kein sicher wirksames Gegenmittel gibt. Wenn wir die Balance finden, die Mitte halten zwischen ausreichender Vorsorge und übertriebener Angst, dann können wir die kluge Rede, den vernünftigen Ausdruck mitten in dieser Krise finden.
Rede
Es wird sehr viel geredet derzeit, manches ist intelligent, manches dumm und manches gelogen. Eine gute Hilfe hier zur Weisheit der Unterscheidung zu kommen sind die sogenannten „drei Siebe des Sokrates“. Diese drei Siebe sind: Wahrheit, Güte und Notwendigkeit. Bei allem was wir sagen oder auf sonstige Art zum Ausdruck bringen sollten wir diese Kriterien anwenden. Ist es wahr? Habe ich es überprüft? Ist es gut? Und ist es notwendig? Wenn wir die Disziplin aufbringen unser äußeres Sprechen und auch unser inneres Selbstgespräch durch diese drei Siebe zu sieben, dann wird unser Ausdruck klar, freuderzeugend und hilfreich sein!
Zu unserem Ausdruck, unserer Rede gehört auch unsere Fähigkeit zur Empathie. Dass wir diese Fähigkeit besitzen ist eine große Kostbarkeit! Gerade jetzt bewegen uns viele Gefühle, die nicht immer angenehm sind. Wir empfinden vielleicht Beengtheit, Einsamkeit, Mangel, Traurigkeit, Angst oder Wut und Frustration. Aus Angst von diesen Emotionen überrollt zu werden wagen wir es vielleicht nicht Ihnen zu begegnen und geraten so in eine Starre, die wiederum unsere Ausdrucks-, Liebes- und Handlungsfähigkeit massiv einschränkt. Dann geraten wir in eine Situation der äußeren und inneren Einschränkung. Die äußeren Einschränkungen können wir vielleicht nur wenig ändern, die inneren jedoch schon! Diese Freiheit kann uns niemand nehmen! Und diese Freiheit ist die große Freiheit!
Hilfreich dafür ist das Üben von Mitgefühl. Dabei ist es essenziell dieses Üben immer mit sich selbst zu beginnen! Also: ich empfinde zum Beispiel Wut, dann fasse ich den Mut dieses heiße schmerzliche Gefühl nicht zu rechtfertigen, nicht mit einer Geschichte zu versehen, sondern es ganz simpel wahrzunehmen, und nicht nur das: Ich fasse den Mut dieses Gefühl beim Einatmen tief in mich aufzunehmen und es wirklich zu fühlen. Und ich entscheide mich beim Ausatmen dafür irgendetwas Gutes Schönes, das ich in der Tiefe meines Herzens finde, auszuatmen. Zu mir selbst hin. Wenn das gut gelingt, dann können wir diese Meditation, die man in Tibet Tonglen nennt, auf andere Wesen ausweiten, die ähnlich empfinden wie wir selbst.
Wir erfahren dabei, dass das Mandala der Geistessenz wirklich unendlich ist. Wir erkennen, dass da immer noch etwas anderes zu finden ist als unser momentanes schmerzliches Gefühl. Da ist immer noch Weite, da ist der Mut des Einatmens, da ist immer noch Freudigkeit und Lebendigkeit und all das können wir mit uns selbst und mit anderen teilen, ohne dass es weniger wird!
Der Geist
Unser Verstand, unsere Ratio sind ein wunderbares Instrument, und wir sollten es nutzen! Wir sollten es nutzen möglichst unverstellt durch Filter alter Geschichten, unverstellt und ungehindert durch Konditionierung und Identifikationen. Möge diese Krise, die uns zwingt innezuhalten, dazu führen, dass in uns allen wahre und liebevolle Intelligenz reift! Bei diesem Wunsch und diesem Gedanken entstehen in meinem Geist schöne Visionen, die ich ihm gestatte zu pflegen.
Und Geist, wenn wir ihn heimholen zu sich selbst, zu seiner ursprünglichen Klarheit, Freudigkeit und Kreativität führt uns wieder in die letztendliche Dimension. So haben wir tief die historische Dimension berührt und finden uns wieder in der letztendlichen Dimension – ohne dabei jemals die historische Dimension mitsamt ihren Herausforderungen zu verlassen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen Segen in dieser schwierigen Zeit!
Pyar